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Die Drogerie hinter dem Hof
In dieser Rubrik wartet die Natur mit facettenreichen Pflanzenschätzen auf, die unseren Alltag begleiten – die Rosskastanie zum Beispiel.

Die Rosskastanie (Aesculus hippocastanus) ist ein langjähriger Begleiter unserer Kultur. Und wie die meisten Pflanzen ein sehr unauffälliger. Von der Balkanhalbinsel stammend, wurde sie Mitte des 16. Jahrhunderts in ganz Europa als Zier- und Parkbaum verbreitet. In Parks begleitet sie Kinder, die im Herbst die «Chegele» sammeln und kleine Figürli basteln, und bei Wachstumsschmerzen in den Knien wird volksmedizinisch ein Wickel mit frischen Blättern angewendet. Auch bei der vielen Wäsche, die mit Kindern anfällt, kann man auf die Rosskastanie zurückgreifen: Kastanien enthalten viele Saponine, also seifenartige Inhaltsstoffe, die sich als natürliches Reinigungsmittel eignen. Ist man dann älter, geniesst man das ausladende Blätterdach, das im Biergarten Schatten spendet – denn der flachwurzelnde Baum wird seit jeher gerne über dem Bierkeller gepflanzt. Schreitet das Alter fort und kommen neue Krankheiten und Beschwerden zum Vorschein, taucht die Rosskastanie wieder auf, etwa in Tablettenform, gegen Venenbeschwerden und Krampfadern.

Hitze und Trockenheit machen ihr jedoch zu schaffen, und immer häufiger auftretender Krankheitsbefall führt dazu, dass in Städten kaum noch neue Rosskastanien gepflanzt werden. Nun bleibt zu hoffen, dass der bis zu 300 Jahre alt werdende Baum bei uns dennoch überdauern wird. Denn es gibt noch so viel Wunderbares zu beobachten – wie den Farbwechsel der Blütenzeichnung oder die Rechtsdrehung des Stammes. Wie tief die Rosskastanie bei uns verankert ist, zeigt nicht zuletzt eine Genfer Tradition: An der Promenade de la Treille steht ein amtlicher Rosskastanienbaum, der jährlich vom Sekretär des Grossen Rates von Genf beobachtet wird, um mit dem ersten Blattaustrieb den Genfer Frühling zu verkünden.
Kleiderwaschmittel aus Rosskastanien

Rosskastanien eignen sich als umweltschonendes und lokales Waschmittel. Der Gehalt der schaumbildenden Saponine beträgt etwa 10 % und bietet eine gute Alternative zu den indischen Waschnüssen, die beide zur selben Familie, den Seifenbaumgewächsen, gehören.
Zutaten
5 EL (ca. 50 g) Rosskastanienpulver
1 l kaltes Wasser
50 ml Naturessig
ev. ätherisches Öl
Rosskastanien vorbereiten
Nach dem Sammeln der Rosskastanien sollten sie noch in frischem Zustand zerkleinert werden. Getrocknet sind sie sehr hart und schwierig zu bearbeiten.
- Am besten werden sie mit einem scharfen Messer in vier Teile geschnitten. Alternativ kann man sie unter ein Stofftuch legen und mit dem Hammer zerkleinern.
- Anschliessend in kleinen Mengen in einer Küchenmaschine pulverisieren (dabei die Leistung des Gerätes beachten und nicht überhitzen).
- Das Kastanienpulver wägen und trocknen, bis es nur noch die Hälfte wiegt.
- Beim Trocknen ist zu beachten, dass genügend Luft zugeführt wird, um Schimmelbildung zu verhindern. Dafür kann zum Beispiel ein Baumwolltuch über einen Wäscheständer gespannt werden. Das darauf verteilte Pulver kann so von oben und unten belüftet werden. Regelmässiges Wenden und Auflockern des Pulvers hilft ebenfalls den Trocknungsvorgang zu optimieren.
- Das getrocknete Pulver kann in ein Gefäss gefüllt – und mit Inhalt und Datum beschriftet –mehrere Jahre aufbewahrt werden.
Waschmittel zubereiten
- 50 g Pulver mit 1 l kaltem Wasser mischen und mindestens 1 Stunde ziehen lassen (kann auch über Nacht stehen gelassen werden),
- absieben,
- 50 ml Naturessig zur Flüssigkeit geben
- und nach Belieben ätherisches Öl für den Duft zufügen.
Dieses Flüssigwaschmittel kann wie gewohnt ins Waschmittelfach gegeben werden.
Übrigens:
- Die ausgelaugten Rosskastanien können kompostiert werden.
- Das Mittel ist mehrere Tage im Kühlschrank haltbar und sollte regelmässig frisch zubereitet werden.
- Die Waschlauge kann auch als Geschirrspülmittel oder Fensterputzmittel verwendet werden.

Giovina Nicolai
Sie ist Dipl. Drogistin HF, Galenikerin und Bierbrauerin. Ihren Beruf übt Giovina im Labor einer Berner Apotheke aus, ihre Leidenschaft für (Heil-)Pflanzen und die Bierbraukunst teilt sie unter anderem in Workshops – in ihrem eigenen «Pflanzenlabor».