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Haftbar bei Schnee und Eis auf dem Hof?
18.12.2025
Bei Schnee und Eis bestehen verschiedene Gefahren. Wer im Winter den Hof betritt, kann ausrutschen oder unter eine Dachlawine geraten – ob Futterlieferant, Tierarzt oder Gäste des Hofladens.
Für die Schneeräumung und Sicherheit auf dem Landwirtschaftsbetrieb ist grundsätzlich der Landwirt als Eigentümer oder Pächter zuständig. Als Werkeigentümer im Sinne von Art. 58 des Obligationenrechts ist er verpflichtet, den gefahrlosen Zugang zu seinem Hofareal sicherzustellen. Wird jemand infolge mangelhafter Schnee- oder Eisentfernung auf dem Hof geschädigt, kann ein Haftpflichtfall entstehen.
Nicht in jedem Fall wird man haftbar
Der Werkeigentümer haftet unter anderem für den Schaden, den das Werk infolge mangelhaften Unterhalts verursacht, wobei die Haftung von der jeweiligen Situation abhängen kann. Rutscht beispielsweise ein Besucher gegen Mittag auf dem vereisten Hof aus, kann dies dem Landwirt grundsätzlich angelastet werden. Ereignet sich der Vorfall morgens um 6 Uhr, kann ihm wahrscheinlich kein mangelhafter Unterhalt vorgeworfen werden, da um diese Tageszeit nicht erwartet werden kann, dass die Zufahrten und der Hofplatz bereits geräumt sind. Zudem kann vom Besucher erwartet werden, dass er sich den Verhältnissen anpasst. Ist das Eigenverschulden der geschädigten Person derart gross, dass der Werkmangel allein nicht mehr als Hauptursache der Schädigung betrachtet wird, kann dies zu einer Reduktion oder zum Wegfall einer Haftung des Landwirts führen.
Rechtsprechung und Sicherungsmassnahmen
In einem konkreten Schadenfall kann es im Ermessen des Richters liegen, wie er den Fall beurteilt. Sicherungsmassnahmen sind dem Werkeigentümer umso eher zuzumuten, je weniger Kosten sie verursachen und je grösser die Gefahr ist. Das heisst, die Messlatte für die Unterhaltspflicht und die Betriebssicherheit wird beispielsweise höher angesetzt, wenn der Hof viel Publikumsverkehr hat. Wer auf Nummer sicher gehen will, kontrolliert im Winter die Wege und den Hofplatz regelmässig, hält Streugut bereit und kennzeichnet gefährliche Stellen. Mit dem blossen Anbringen eines Warnschildes wie «Vorsicht Glatteis» oder «Achtung Dachlawine» kann die Haftung jedoch nicht wegbedungen werden.
Bei Landwirtschaftsbetrieben sind diese Schadenfälle normalerweise über die Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt. Für nichtbetriebliche Gebäude kann eine separate Gebäudehaftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Es lohnt sich auf jeden Fall zu prüfen, ob die richtige Deckung vorhanden ist.
Die landwirtschaftlichen Versicherungsberatungsstellen, die den kantonalen Bauernverbänden angegliedert sind, oder der Beratungsdienst der Agrisano in Brugg sind bei Fragen zur Betriebshaftpflichtversicherung gerne behilflich.
Andrew Jehle
Agrisano Stiftung